[vc_row][vc_column width=“1/1″][section_header use_decoration=“1″ layout_type=“section-heading-thick-border“ separator_position=“left“ main_heading=“KATJA REIM – MEINCOMPUTERKIND.DE“ text_align=“left“ font_size=“default“ font_style=“default“ color=“#000000″ separator_color=“#000000″][vc_column_text]
Als ich im Februar die Social Media Week in Hamburg besuchte, nahm ich an einem Workshop mit dem Titel „Computer in Kinderhände“ teil. Die Vortragende war Katja Reim, Ressortleiterin beim Berliner Kurier, Journalistin, Bloggerin und Mutter einer Siebenjährigen. Sie berichtete davon, wie sie ihre Tochter auf die digitale Pubertät vorbereitet und von ihrem Blog meincomputerkind.de, auf dem sie diesen Weg beschreibt. Ich war begeistert. Diese Frau musste ich kennenlernen. Nachdem wir ein paar Nachrichten auf Facebook ausgetauscht, einmal telefoniert und dann auf der re:publica 2015 leider nicht getroffen haben, war mir klar: Katja ist DIE Frau für die neue Kategorie „Menschen“ in meinem Journal. Und Social Media sei Dank, konnten wir dann zwischen Feierabend-Bier und Käsestulle ein online Interview durchführen.
Liebe Katja, worum geht es genau auf deinem Blog meincomputerkind.de?
Ich erzähle, wie ich meine Tochter auf dem Weg in die digitale Welt begleite. Dabei ist mir wichtig, dass sie begreift, was der Unterschied zwischen analoger und digitaler Realität ist. Dass man im virtuellen ein Foto nicht einfach zerreißen kann, zum Beispiel. Oder, dass ein gemeiner Satz, den man im Streit sagt, geschrieben eine ganz andere Dynamik entwickeln kann.
Wie alt war Deine Tochter, als Ihr Euch auf den Weg in digitale Welt gemacht hat?
Wir hatten bis sie ungefähr fünf Jahre alt war, keine Smartphones und Tablets im Haus gehabt, sondern nur einen Laptop. Aber selbst bei so „wenig“ Technik ist sie früh mit der digitalen Welt in Berührung gekommen. Wir skypten regelmäßig mit der Oma, wenn ich bei ihren Fragen nicht weiterkam, suchte ich im Internet nach Antworten. Es gibt sogar Fotos von einer Geburtstagsparty die von Mexiko aus gemacht wurden – via Skype.
Du sagst, bis sie fünf war – und dann habt ihr digital aufgerüstet mit Smartphones und Tablet?
Jep. Ich wollte unbedingt eines. Als Journalistin fühlte ich mich fast ein wenig „nackig“ wenn ich zwischen Redaktion und Zuhause ohne Internet war. Aber mir war auch klar, dass Maria mich dann häufiger am Telefon sehen würde. Und als der Papa dann auch ein Smartphone hatte, begann sie beim Spielen manchmal, ihr Spielzeugtelefon zu wischen.
Dann habt ihr beschlossen, sie bewusst an die Technik heranzuführen?
Über digitale Phänomene haben wir schon vorher gesprochen. Sie hat bei mir im Büro mit einem lieben Kollegen ein Foto von sich bearbeitet, um zu begreifen, dass Fotos eben nicht nur die Realität abbilden können. Oder wir haben viel zum Thema Werbung erklärt. Aber mit der Technik als solche ist sie durch unsere Smartphones, die natürlich auch Spiele hatten, in Berührung gekommen.
Und wie kam es dann zum meincomputerkind.de?
Zum einen wollte ich wieder was neues Lernen. Zum anderen war ich es ein bisschen leid, mich dauernd dafür zu rechtfertigen, dass wir Maria zur Schuleinführung ein eigenes Kindertablet geschenkt haben. Manche Eltern sahen darin das ENDE der Kindheit.
Das wäre meine nächste Frage gewesen, denn die Ansichten über digitale Medien divergieren ja immer noch sehr stark. Kinder sollen mal lieber draußen spielen und sich nicht am Bildschirm aufhalten. Risiko-Apologeten wie Spitzer schüren natürlich noch die Angst. Wie hast du bei solchen „Anschuldigungen“ reagiert?
Ich habe gesagt, dass ich vor allem Bedenken hätte meine Tochter mit dem World Wide Web in der Tasche in die Pubertät zu verabschieden, ohne ihr vorher die grundlegendsten Regeln gezeigt zu haben.
Ein gutes Argument. War das dann das Ende der Diskussion?
Nö. Aber es war immerhin ein Punkt um die „Verteufelung“ auszuhebeln. Außerdem ist es ein Irrglaube, dass wir Kinder rein analog erziehen können. Zumindest in der Stadt trifft man auf Erwachsene, die in kleine Bildschirme starren, wird überall mit dem Smartphone fotografiert und in den Bushaltestellen hängen gefotoshopte Plakate.
Stichwort „Verteufelung“: Woran liegt es Deiner Meinung nach, dass digitale Medien ja nicht „zu früh“ benutzt werden dürfen?
Ich glaube, dass mit der Verteufelung hat mit der eigenen Unsicherheit und fehlenden Vorbildern zu tun. Bei diesem Thema ist es schwer, sich Rat bei den eigenen Eltern zu holen.
und dann wird das Buch als per se gutes Medium betrachtet…
Bücher sind ja auch toll. Wir lesen zum Beispiel vorm Schlafen gehen immer analog. Aber wir lesen unseren Kindern Bücher vor, von denen wir annehmen, dass sie gut für sie sind. Niemand würde einem Zweijährigen Sartre zumuten. Die ähnliche Kompetenz müssen sich Eltern auch im Digitalen zutrauen, glaube ich.
Im Grunde müssen wir erst mal alles ausprobieren, uns selber beibringen, um es dann den Kindern bei zu bringen. Das ist mit Zeit und Energie verbunden.
Vor allem lernen die Kids viel schneller. Weil sie intuitiver und neugieriger sind.
Ja, das stimmt. Neulich in London habe ich in der U-Bahn einen etwa dreijährigen Jungen beobachtet, der auf Mamas Smartphone ein Spiel gespielt hat und das erstaunlich souverän.
Kinder kennen dieses „Ich glaub ich hab das Internet gelöscht“-Ohnmachtsgefühl nicht.
Hahaha, ja, die drücken und wischen einfach drauf los.
Und das ist echt schräg, wenn dein Kind dir was erklärt, da greifen die klassischen Rollen dann nicht. Aber Umgang mit Technik heißt trotzdem nicht, dass sie fit fürs Netz sind. Da ist dann wieder Lebenserfahrung gefragt. Zum Glück.
Wenn klassische Rollen nicht mehr greifen, erschwert es dann Situationen, wenn es um Regeln geht? Du dann als Mutter sagen musst: So, genug Tablet für heute.
Wie habt ihr das überhaupt geregelt? Gibt es feste Zeiten oder einen Zeitraum? Bei uns gab’s früher Fernsehmarken, jede Marke eine halbe Stunde Fernseh gucken. Die Marken wurden am Anfang der Woche verteilt und wir durften sie selbstständig einteilen. Wenn Mittwoch schon alle Marken verguckt waren, hatte man Pech gehabt.
Kann ich nicht sagen. Bei uns funktioniert es gut. Allerdings ist Maria ein Bastelkind, und nicht aufs Tablet fixiert. Sie bastelt lieber. Und sieht Sandmann und Logo-Nachrichten (in den Ferien).
Das Tablet darf sie nehmen, wenn sie vorher fragt. Und wenn ich das Gefühl habe es reicht, dann darf sie noch das Spiel oder das Video zu Ende machen. Und dann verhandelt sie noch eins mehr raus und dann ist es aber auch gut. Aber das ist bei uns der Fall. Ich glaub, da muss jeder seinen Weg finden.
Eine Freundin hat mir ihren Kindern auch Verträge im Sinne von Zeit gemacht. Medienverträge gibt es beim Internet ABC. Und ihre Kids durften auch selbst bestimmen, was passiert, wenn sie sich nicht an die Regeln halten. Das soll Wunder gewirkt haben.
Oh, danke für das Stichwort: Grundsätzlich gibt es ja viele Online-Ratgeber und Plattformen wie schau-hin.info – trotzdem sind viele Eltern oft ratlos, wenn es darum geht, wie und wo sie sich informieren können. Was denkst du, woran das liegen könnte?
Vielleicht, weil Eltern erst Rat suchen, wenn es schon verdammt spät ist. Oder weil sie noch nach Gedrucktem suchen und nicht im Netz.
Für Babys gibt es ganze Regale voll Ratgeberliteratur. Für Onlinekids ist das Angebot noch überschaubar. Dafür gibt es einiges an Schlimm-Schlimm-Literatur (Spitzer und Co). Ich persönlich fand „Netzgemüse“ von den Häuslers toll. Auch „Analog ist das neue Bio“ hat einige gute Anregungen gehabt.
Netzgemüse kenne ich noch gar nicht.
Ist wirklich gut.
Noch eine abschließende Frage: Hast du eine Lieblings-Story von Maria und der digitalen Welt?
Lieblingsgeschichte nicht so richtig. Aber was ich toll finde ist, wenn sie meine Blogbeiträge vor der Veröffentlichung gegenliest.
Immer wenn sie im Blogartikel vorkommt, lese ich ihn ihr vorher vor. Ich finde, dass bin ich ihr schuldig. Schließlich geht es um sie. Und oft streicht sie mir Sachen raus, die ich total genial finde, von denen sie aber nicht möchte, dass sie jeder weiß. Sie macht sich da echt Gedanken.
Das ist echt toll, und das mit acht!
Ja und ich glaube, das wird sie mit in die Pubertät nehmen. Als das hoffe ich ganz sehr.
Da bin ich mir sehr sicher. Und ich bin mir auch sicher, dass viele Mütter und Väter auf meincomputerkind.de wertvolle Tipps und Anregungen finden können – und vor allem authentische Situationen, in denen man sich wiederfinden kann.
In diesem Sinne: Ein dickes DANKE für das Interview!
Hat Spaß gemacht!